Gedenkveranstaltung am 8. Mai: Gedanken zu Krieg und Frieden von Sigmund Freud und Albert Einstein
Jedes Jahr wird am 08. Mai auf dem Erfurter Hauptfriedhof bei einer Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkriegs an die Opfer dieser menschengemachten Katastrophe gedacht. Seit dem Ende der DDR findet diese Veranstaltung unter der Federführung verschiedener Erfurter Vereine statt, die für Völkerverständigung eintreten. Diese Arbeit wird durch die wieder zunehmende Spaltung der Welt immer schwieriger. Am 08. Mai 2025 hat Timothy Bell eine Rede gehalten, die auch ein größeres Publikum interessieren könnte. Er hat hierbei einen Schriftwechsel zwischen Sigmund Freud und Albert Einstein zitiert, der 1932 stattfand. Dieser Schriftwechsel wurde bereits mehrfach veröffentlicht. Die aktuelle im Buchhandel erwerbbare Ausgabe heißt: "Sigmund Freud: Zeitgemäßes über Krieg und Tod". Rede von Timothy Bell zur Gedenkveranstaltung am 08. Mai 2025 in Erfurt:Heute gedenken wir des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 80 Jahren, ein Krieg, der gewöhnlich als "notwendiges Übel" oder als "gerechter Krieg" betrachtet wird. Dieses feierliche Gedenken erinnerte mich an einen Gedankenaustausch zwischen zwei großen Persönlichkeiten. In einem kurzen Briefwechsel aus dem Jahr 1932 haben Sigmund Freud und Albert Einstein sich gegenseitig die Frage gestellt, "Warum Krieg?" Schon während des ersten Weltkrieges, in seinem Essay "Zeitgemäßes über Krieg und Tod," hat Freud die Kriegslust als einer der primitivsten und widerwärtigsten menschlichen Impulse bezeichnet, das Zeichen einer unterentwickelten Natur. Einstein, in seinem Brief an Freud vom 30. Juli 1932, fragte: "Wie ist es möglich, dass sich die Masse des Volkes bis zur Raserei und Selbstaufopferung entflammen lässt? Die Antwort kann nur sein: Im Menschen lebt ein Bedürfnis zu hassen und zu vernichten. Diese Anlage ist in gewöhnlichen Zeiten latent vorhanden und tritt dann nur beim Abnormalen zutage; sie kann aber verhältnismäßig leicht geweckt und zur Massenpsychose gesteigert werden." Nach dieser dunklen Behauptung fügt er hoffnungsvoll hinzu: "Gibt es eine Möglichkeit, die psychische Entwicklung der Menschen so zu leiten, dass sie den Psychosen des Hasses und des Vernichtens gegenüber widerstandsfähiger werden?" In seiner Antwort vom September desselben Jahres fragte Freud: "Wie lange müssen wir nun warten, bis [die Mehrheit der Menschen] Pazifisten werden? Es ist nicht zu sagen, aber vielleicht ist es keine utopische Hoffnung, dass der Einfluss [...] der kulturellen Einstellung und der berechtigten Angst vor den Wirkungen eines Zukunftskrieges dem Kriegführen in absehbarer Zeit ein Ende setzen wird. Auf welchen Wegen oder Umwegen, können wir nicht erraten. Unterdes dürfen wir uns sagen: Alles, was die Kulturentwicklung fördert, arbeitet auch Gegen den Krieg." Leider erwiesen sich diese Gedanken als zu optimistisch, denn der gefürchtete Zukunftskrieg, an dessen Ende wir uns heute erinnern, brach genau sieben Jahre später aus, als die beiden Korrespondenten schon längst im ausländischen Exil lebten. Heute, wo Wörter wie "Kriegsbereitschaft" und "kriegstüchtig" wieder im Umlauf sind und Pazifisten zu Schwächlingen und Beschwichtigern verunglimpft werden, hegen Millionen von uns genau die Hoffnung, die sich Freud und Einstein vor 93 Jahren erlaubt haben. Auswahl weiterer Beiträge zu den Themen Gesellschaft und Geschichte:
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